Müll runterbringen? Klamotten aufräumen? Abspülen? MaCh IcH sPäTer! Wenn mir ein Ruf anlastet, dann ist es mein Aufschieben von Dingen und meine daraus resultierende Unordentlichkeit. Dabei fühle ich mich im Chaos eigentlich gar nicht wohl. Das Problem ist vor allem mein inneres Faultier, das mich daran hindert, den ganzen nervigen Scheiß zu erledigen. Doch ich bin drauf und dran, diesen Ruf endlich loszuwerden.
Es ist ein ganz normaler, fast schon langweiliger Abend. Doch für mich beginnt endlich eines meiner Tages-Highlights: Das Abendessen. Jetzt geht es ans Zwiebeln schneiden, Knoblauch schälen, ans Würzen und Rühren, ans Braten und Abschmecken. Nebenher lasse ich mich von den Kardashians oder einer Foodbloggerin berieseln – und lasse einiges links liegen: Zwiebel- und Knoblauchschalen gönne ich noch ein bisschen frische Luft auf dem Esstisch, anstatt sie in den Biomüll zu packen. Der Pürierstab bleibt erstmal an Ort und Stelle stehen, voll geschmiert mit Kartoffelsuppe. Und das Olivenöl, das ich in die Pfanne gieße, verweilt ganz lässig auf dem Herd, genauso wie Salz, Pfeffer, Paprikapulver und Co.
Dann, nachdem ordentlich geschmaust wurde und mich das Food-Koma erschlägt, sehe ich das ganze Chaos, das ich angerichtet habe und denke: Boah, gar keine Lust, das jetzt aufzuräumen. Erstmal chillen. Spülen kann ich auch morgen.
Dass sich mein inneres Faultier in solchen Situationen besonders laut meldet, zieht sich schon durch mein ganzes Leben: Nach dem Urlaub meinen Koffer auspacken? Neee, ich muss mich erstmal ausruhen. Gar keine Motivation, die Erde aufzuräumen, die ich nach der ausgiebigen Umtopf-Aktion auf meinem Balkon rumliegen lassen habe. Meine Pinsel nach dem Malen auswaschen? Puh, ganz schön anstrengend.
DaS maChE iCh MoRgEn.
Da kann ich mich sPäTeR darum kümmern.
DAS Zimmer
Wenn ich meine Familienmitglieder und meinen Freund fragen würde, wie das Zusammenleben mit mir ist, dann wären sie sich alle einig: Es kann ziemlich anstrengend sein. Nicht, weil ich keine lustige Zeitgenossin bin, sondern weil es mit mir sehr schnell sehr unordentlich wird. In der Heimat treibe ich meine kleine Schwester in den Wahnsinn, indem ich meine Dreckwäsche morgens nach dem Duschen tagelang auf dem Badezimmerboden liegen lasse. Zwar könnte ich mich auch einfach kurz bücken und meine Wäsche zwei Meter gen Westen in mein Kinderzimmer tragen. Aber auch hier sieht es nicht anders aus. Zwei Wochen Weihnachtsurlaub und der ganze Boden des Zimmers ist übersät mit getragenen Klamotten. Es gibt nicht einmal DEN Stuhl. Das ganze Zimmer ist DAS Zimmer.
Wegen dieser “Eigenschaft” habe ich mein ganzes Leben mit meinen Eltern, vor allem mit meiner Mutter, gestritten. Sie konnte einfach nicht fassen, wie man so unordentlich sein kann, während ich der Meinung war, dass sie mich doch einfach sein lassen soll, wie ich eben bin: faul und unordentlich. Immerhin war mein Zimmer ja nie eine Müllkippe oder voll mit Essensresten. Und alle zwei Wochen hat mich doch auch der “Rappel” gepackt und ich habe mehrere Stunden lang aufgeräumt.

Danach musste ich mir allerdings auch meistens eingestehen, dass ich mich danach ganz schön gut gefühlt habe. Und auch wenn ich Freundinnen besucht habe, die löblich aufgeräumte und dekorierte Zimmer hatten, habe ich danach meistens gedacht: Ok, ab jetzt reiße ich mich zusammen. Ab jetzt räume ich immer alles direkt auf!
Was du heute kannst besorgen, …
Das Problem ist also nicht, dass ich mich in der Unordnung pudelwohl fühle. Eigentlich finde ich es viel beruhigender und einfach schöner, ein aufgeräumtes Zimmer oder eine ordentliche Wohnung zu haben. Mein Problem ist eher mein innerer Trieb zur Faulheit.
Dieser Trieb beschränkt sich dabei aber komischerweise nur auf mein Privatleben bzw. auf meinen Haushalt. Bei Arbeit, Uni oder früher auch Schule bin ich meistens zu stark von meinem People-Pleasing und Overthinking beeinflusst. Dann habe ich durch meine To-do-Listen und Lernpläne meine Hausarbeiten meistens schon zwei Wochen vor Abgabe fertig, weil ich alles auf “gestern” geschoben habe. Oder ich nehme jede Aufgabe an und mache Überstunden, weil ich niemanden abweisen möchte. Vielleicht liegt aber auch genau hier der springende Punkt: Auf der Waage meiner Work-Life-Balance habe ich so viel Selbstdisziplin auf der Work-Seite angelegt, dass für die Life-Seite nicht mehr viel übrig bleibt. Doch das will ich jetzt ändern.
… das verschiebe nicht auf morgen
Und wo könnte man bessere Tipps finden, sich und seinen Alltag zu optimieren, wenn nicht auf Social Media? Von Capsule Wardrobe über Sortiersysteme, Marie Kondo, Minimalismus oder “that girl” – alles könnte mein Leben so viel geordneter, so viel schöner und perfekter machen.
Zum Glück habe ich mir diesbezüglich zwei sehr augenöffnende Podcasts angehört, BEVOR ich überhaupt auf diese Selbstoptimierungs-Trends aufspringen konnte (jetzt mal vor allem auf meinen Haushalt bezogen). Bevor ich überhaupt auf die IDEE gekommen bin, dass ich jetzt ein ordentlicher und nicht mehr fauler Mensch sein möchte.
→ Anything Goes with Emma Chamberlain
Zum Glück – weil zum Einen setzen uns (vor allem uns Frauen) solche Trends unter Druck, eine bessere Version aus uns selbst zu machen, die aber außerhalb jeglicher Realität liegt. Und zum Anderen sind sie auch einfach nicht zielführend. Ich möchte ja wirklich ein bisschen mehr my shit together haben. Und dafür brauche ich REALISTISCHE Ansätze.
Emma Chamberlain spricht genau darüber auch in ihrem Podcast. Und erzählt von Methoden und Angewohnheiten, die sie in ihrem Leben tatsächlich umsetzen kann und die für sie in ihrem Alltag realistisch integrierbar sind.
Ich muss sagen, das sind echt keine Zauberformeln, die sie uns allen da offenbart, aber doch genau die Tricks, die ich gebraucht habe.
Und tricksen kann ich
Jahrelang habe ich mich um die Aufgaben, die ich erledigen musste, herum getrickst. Bis es mir dann doch auf die Füße gefallen ist. Kaum zu glauben, dass genau diese Eigenschaft sowohl der Auslöser wie wohl schlussendlich auch der Schlüssel für meine “Probleme” ist.
Seit fast zwei Monaten versuche ich jetzt, die Dinge, die zu tun sind, nicht mehr auf SPÄTER zu verschieben. Denn das innere Faultier lässt sich leichter überwinden, wenn es noch nicht so stark ist. Wenn ich es also direkt bei seiner ersten Äußerung wegschiebe und doch direkt den Bio-Müll runter bringe, ist die Überwindung einfacher, als wenn ich schon drei, vier, fünf Mal auf seine Verlockungen gehört habe. Trotzdem macht es keinen Spaß, zu spülen oder meine Klamotten aufzuräumen. Aber auch hier trickse ich mich und meine Faulheit aus: Ich verbinde meine guilty pleasures, die ich viel lieber tun würde, wie Trash-TV oder YouTube-Videos, mit den nervigen Haushaltsaufgaben. Dadurch habe ich zum Einen eine Rechtfertigung, mitten am Tag die Kardashians zu schauen und gleichzeitig nutze ich die Zeit sinnvoll, indem ich alles erledige, worauf ich normalerweise keinen Bock habe. Das bewirkt mittlerweile sogar, dass ich mich schon fast auf das Aufräumen freue.
Aber nicht nur wegen dieses Tricks räume ich lieber auf: Seit zwei Monaten habe ich fast jeden Tag dieses gute Gefühl nach dem Aufräumen, das ich früher nur alle 2-3 Wochen nach meinem “Rappel” hatte. Dadurch habe ich wiederum auch öfter das Bedürfnis, dieses wohlige Gefühl zu spüren, das sich durch eine ordentliche Wohnung in mir breit macht. Und räume schon deswegen öfter auf.
Ein Teufelskreis – nur jetzt ohne Teufel.

Von Chiara (26): Chiara mag stilles Wasser, aber still ist sie selbst nicht gerade – ganz im Gegenteil. Sie tanzt durch’s Leben und spricht und schreibt über Feminismus, Nachhaltigkeit und mentale Gesundheit. Sie ist Kopf- und Herzmensch zugleich, Ungerechtigkeit macht sie wütend und sie hat eine Schwäche für die Kardashians, gutes Essen und die Menschen, die sie liebt.