Ich bin eine große Tierfreundin. Als Kinder hatten wir Hunde und einen großen Garten, in dem Hühner, Hasen, Vögel, Fische und Schildkröten gelebt haben. Trotzdem gibt es einige Tiere, die mir heute lieber gestohlen bleiben könnten. Aktuell wohnt eine Marderfamilie in den Decken unserer WG, die uns allen den Schlaf raubt. Davor waren es Mäuse, dann Wespen. Und plötzlich fühl ich mich gar nicht mehr so connected mit der Natur.
Es ist 04:23 Uhr und über meinem Kopf beginnt es zu scharren und zu kratzen. Routinemäßig greife ich nach dem Gadget meines Vertrauens: ein bereitstehender Wischmopp. Wie ein spießiger alter Mann, dem seine Nachbarn obendrüber zu laut Party machen, klopfe ich mit dem Endstück an die Decke. „Halt die Fresse, Melvin“. Ich habe den Marder Melvin genannt. So geht das jetzt seit mehreren Monaten. Denn unsere Wohnung, oder besser gesagt der Raum zwischen Decke und Dach, scheint ein echtes Marderparadies zu sein. Hausverwaltung und Hausmeister wissen Bescheid, es passiert aber nichts. Wir haben Melvin und seine Gang schon mehrfach auf unserer Terrasse gesichtet, weil die da manchmal abhängen. Und wer es noch nicht wusste, die Viecher können wirklich Sounds aus der Hölle produzieren. Nicht selten hören wir mitten in der Nacht dieses Geschrei. Entspannt, oder?
Ab wann ist ein Tier ein Plagegeist?
Bevor Marder bei uns eingezogen sind, hatten wir mindestens eine Maus. Sie ist manchmal durch den Flur gerast und wir haben panisch den Kammerjäger alarmiert. Vor einem Jahr war es ein Wespennest auf unserer Terrasse, das von einem Spezialdienst beseitigt werden musste.
Jetzt könnte man sagen: Ja klar, ist logisch, dass man zu Hause seine Ruhe haben und nicht von tierischen Nervtötern belästigt werden will. Aber ab wann werden Tiere zu Plagegeistern? Im Marder-Fall ist es logisch: Die schränken unsere Lebensqualität ein, weil wir nicht mehr schlafen können. Aber die Maus und auch die Wespen haben uns nie etwas getan. Sind wir also zu empfindlich? Früher mussten Mensch und Tier ja auch irgendwie koexistieren.
In der Steinzeit lebten die Menschen in engem Kontakt mit der Tierwelt und mussten lernen, ihre Bewegungen, Verhaltensweisen und Gewohnheiten zu verstehen, um überleben zu können. Oft entwickelten die Menschen eine Art Zusammenarbeit mit Tieren, zum Beispiel, indem sie wilde Pferde zähmten und sie als Fortbewegungsmittel nutzten. Allerdings war das erst später in der Jungsteinzeit möglich, als der Mensch bereits domestizierte Tiere hielt, über die er bestimmt hat.
Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier wurde irgendwann vom reinen Überlebenskampf zu einer Art Partnerschaft, in der Tiere für den Nutzen des Menschen gehalten und gezüchtet wurden, sodass es für den Menschen besonders angenehm ist. War also das der Punkt, ab dem bestimmte (eigentlich ungefährliche) Tiere dem Menschen lästig wurden?
Schlechtes Image
So sehr mich die Marder auch nerven, irgendwie tut es mir Leid, dass manche Tiere offiziell als Arschlöcher der Natur gelten, weil es an ihnen keine einzige positive Eigenschaft zu geben scheint. Oder kennt ihr jemanden, der Marder süß findet? Meistens kommt man mit denen ja nur in Kontakt, wenn sie einem die Autokabel durchbeißen. Oder, wie in unserem Fall, wenn sie einen durch ihr Kratzen und Schreien um den Schlaf bringen. Nicht gerade sympathisch.
Und auch das Standing von Mäusen ist nicht gerade ein rosiges. Viele verbinden sie mit Unhygiene und Krankheitsübertragung. Sie nagen Kabel und Möbel an und entleeren sich in der Wohnung. Dann spielt es plötzlich keine Rolle mehr, dass sie süße runde Mini-Öhrchen, Kulleraugen und kleine Pommes-Näschen haben. Sie sollen bitte einfach nicht in der Wohnung sein.
Und was ziehen wir jetzt daraus? Es gibt so manche Tiere, die einfach super verhasst sind und daran wird sich wahrscheinlich auch niemals etwas ändern. Kakerlaken, Tauben, Silberfische, Spinnen und Co. werden niemals von einem Mainstream-Publikum toll gefunden werden. Weil wir uns als Menschen eher dahingehend entwickeln, dass wir immer mehr Kontrolle über alles auf dieser Welt haben möchten und werden. Ich weiß nicht, wie ich das finden soll, und ich hoffe, dass die Entwicklung nicht so aussieht, dass immer mehr Tiere auf die Abschussliste kommen. Und Erkenntnis Nummer zwei: Marder können sehr unangenehm schreien.

Von Fee (29): Während Fee sich früher noch Kurzgeschichten über böse Punker ausgedacht hat, schreibt sie heute als Journalistin lieber Texte über die Gefühle ihrer Generation, über gesellschaftliche Missstände und inspirierende Menschen. Manchmal macht sie auch einen Fernsehbeitrag darüber. Ihr Mitbewohner sagt, sie wäre etwas zu vorwitzig und sollte weniger Fragen stellen, aber sie sieht das anders. Immer am Start: Empathie, der Wunsch, mehr von der Welt zu sehen und Hündin Martha.