Frustrierende Tage

Manchmal wacht man auf und es geht einem gut. Nichts kann die Laune trüben. Und dann öffnet man sein E-Mail-Postfach. Warum macht man auch sowas schon direkt morgens? Das kann ja gar nichts werden…


Dienstag im Januar oder Februar. Ich ziehe vom Bett aus den Vorhang zur Seite. Als ich das Wetter sehe, lasse ich ihn augenblicklich wieder los. Geil. Grau und Nieselregen… Was gibt‘s Besseres? Frustrierend. 

Ich öffne nichtsahnend (obwohl ich irgendwie genau auf diese Mail gehofft hatte) meine Unimails und sehe, dass die Note für meine mündliche Prüfung eingetragen wurde. Kurz denke ich „ja geil“ dann „ohje“, dann wieder „ja geil“. Ich öffne sie und dann denke ich kurz gar nichts, weil ich’s nicht einzuordnen weiß. Eigentlich keine schlechte Note, aber dafür, dass ich mir echt viel Mühe gegeben habe, ich wirklich gutes Feedback bekommen habe, dann irgendwie doch nicht ausreichend für mich. Schon ein bisschen frustrierend. 

Etwas später öffne ich mein Online-Banking. Dazu brauche ich eigentlich gar nicht mehr zu sagen, angesichts der Inflation, höheren Krankenkassenbeiträgen, höheren Strom- und Gaskosten, aber keinem höheren Gehalt. Man kennt’s. Eigentlich gefällt mir die Farbe Rot, aber das ist mir jetzt doch ein bisschen zu viel Minus. Aus Minus und Minus ergibt sich auf Konten nämlich leider kein Plus. Frustrierend.

Wann ist dieser Tag vorbei?

Als nächstes will ich mir Kaffee machen: leer. Frustrierend. Ich entscheide mich für einen „Guten-Morgen-Tee“, denn ich hab die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Der Tee schmeckt nach eingeschlafenen Füßen – wie meine Mama sagen würde. Frustrierend. Zähneputzen, Gesicht waschen, Haare kämmen und irgendwie zusammenbinden. Ein Blick in den Spiegel. Bad hair day. Frustrierend.

Ich schaue nach neuen Gasverträgen, weil wir wechseln müssen. Die kosten mal eben drei mal so viel wie wir gerade zahlen. Frustrierend. An diesem Tag finde ich mich nicht mal im dm zurecht, weil umgeräumt wurde. Wo zur Hölle sind die Nüsse? Kann doch nicht so schwierig sein! Frustrierend. Zu Hause setze ich mich an meine Hausarbeit und versuche, etwas Sinnvolles zu fabrizieren. Ich weiß theoretisch, was ich schreiben will, habe mir wahnsinnig viel angelesen, kann auch was dazu sagen, aber ich finde einfach keinen Anfang. Ich sitze 20 Minuten vor dem Bildschirm und schreibe nichts. 30 Minuten. 32 Minuten. 33 Minuten. Frustrierend. 

Wie, es ist erst 12.30 Uhr?! Frustrierend. Wann ist dieser Tag vorbei?

Die kleinen Retter solcher Tage

Ich würde behaupten, alle kennen solche Tage. Eigentlich ist es egal, was passiert, am Ende frustriert mich alles. Und dann gibt’s doch ein paar Momente, die etwas ändern: Es kommt die Sonne raus, man zieht sich schnell an, flitzt raus – wenigstens fünf Minuten hat der Sonnenschein gehalten. Danach wieder Nieselregen. Minimal frustrierend. Auf ins Café, wo eine Freundin wartet. Das warme Getränk: gar nicht mal frustrierend. Das Gespräch darüber, wie frustrierend alles ist: überhaupt nicht frustrierend. Es kommt sogar die Sonne nochmal raus und wir haben den perfekten Platz, weil wir sie sogar abbekommen. Null frustrierend. Der Weg nach Hause: windig, aber sonnig. Auch nicht frustrierend. Na Mensch, das läuft doch wie am Schnürchen!

Ich setze mich an den Schreibtisch, öffne meine fucking Hausarbeit (nach wie vor frustrierend), aber schreibe einfach mal drauf los. Ob nun was dabei rauskommt, oder nicht. Nach 20 Minuten hab ich immerhin eine Seite geschrieben – überarbeitungswürdig, aber ich habe angefangen. Auch nicht so frustrierend. 

Ein erfolgreicher Abschluss 

Natürlich sitze ich nicht komplett produktiv an der Arbeit, sondern kaufe zwischendurch Theaterkarten, gehe meiner Sucht (Rezepte suchen) nach und mache mir dreimal (keinen Guten-Morgen-) Tee. Schon auch frustrierend. Aber wer kennt’s nicht, die ewige Prokrastination? Ich nehm’s jetzt einfach mal gelassen. 

Oft würde mir eine Zeit an meinem Happy Place helfen, aber heute hilft eine Nachricht einer Freundin: “Egal, was heute noch passiert, denk dran: Abends gibt’s Sushi!” 

Das Sushi war super, der Abend war super – alles war super. Da vergesse ich fast, dass es sonst ein echt frustrierender Tag war. Aber ist morgen ja ein neuer Tag… Wir freuen uns. Schaumma mal was wird – was wird.


Von Cilli (26): Cilli gibt gerne Blödsinn von sich. Deshalb sind auch hier die ein oder anderen Texte mit ihrer zynischen Ironie gespickt, die uns alle immer wieder zum Lachen und Nachdenken bringt (“war das jetzt ernst gemeint?”). Sie ist außerdem eine wunderbare Zuhörerin, weshalb sie sich regelmäßig in die Lage anderer hineinversetzt und daraus einfühlsame Porträts zaubert.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s