Nachdem ich die Online-Dating-App Bumble erfolgreich getestet und für nicht gut befunden habe, habe ich es nach nur zwei Tagen wieder gelöscht. Das war im Juli. Jetzt ist November und upsi, irgendwie hat sich diese fürchterliche Dating-App wieder auf mein Handy geschlichen. Ganz von allein. Ohne, dass ich damit irgendwas zu tun hatte. Kleine Lüge, der Klassiker auf Bumble. Vom Swipen mit und ohne Familie, dem Antworten und Nicht-Antworten, Ego-Problemen und meiner ersten Date-Erfahrung.
Nachdem ich mal wieder mit den Accounts von Freund:innen geswiped hatte, überkam mich leider wieder die Lust, Bumble zu downloaden. Denn auch, wenn ich es immer noch nicht super finde, muss ich leider zugeben, dass es sich beim Bumblen um eine ganz ausgezeichnete Langeweile-Beschäftigung handelt. Und das nicht nur, wenn ich alleine bin. Nachdem ich mir wieder ein Profil erstellt hatte, ertappte ich mich immer wieder in Situationen, in denen ich “den Markt auscheckte”, wie eine Bekannte sagen würde.
Abends im Bett, morgens im Bett, in der Bahn, in der Uni, auf dem Klo, im Park, in der Küche. Einfach immer, wenn ich gerade nicht wusste, was ich machen sollte. Meine Bildschirmzeit vervielfachte sich in den ersten zwei Wochen.
Red Flags incoming
Ich hatte ein wirklich nettes und witziges Bumble-Gespräch mit einem Mann – nennen wir ihn K. Irgendwann haben wir beschlossen, dass wir abends ein alkoholisches Kaltgetränk trinken gehen und ein bisschen kniffeln wollen. (Kleiner Tipp am Rande: Kniffel ist perfekt für Dates. Du kannst reden, musst aber nicht, ihr könnt euch verbünden und euch füreinander freuen, ihr könnt euch aber auch super bashen. Date-Expertin Cilli Ende.)
Wir treffen uns also Freitagabend in einer Bar. Wir sitzen vier Stunden dort, trinken das ein oder andere Getränk, schnacken und später wird dann noch gekniffelt. Es ist lustig, aber hin und wieder habe ich ein paar Nicht-Date-Vibes verspürt. Ich kann es nicht genau benennen, aber es ist manchmal so. Was zwar nicht unangenehm ist, aber auf meiner Seite für komische Vibes sorgt, ist, als er sein Unverständnis mit Floskeln wie „Kind…“ oder „Mädchen…“ beginnt. Beispiel: „Mädchen, eine F+ ist doch eine halbe Beziehung.“ Gut, dass er meine Freundschaften besser einschätzen kann. Auf die Aussage, dass ich quasi keine Eifersucht empfinde, kommt sinngemäß etwas wie: „Dann hast du noch nie wirklich geliebt.“ – Red Flag.
Der Abend war zwar lustig, aber das Beste kam dann eigentlich erst am nächsten Tag. Er wusste, dass ich den ganzen Tag beschäftigt war. Morgens bekam ich eine Nachricht, dann abends noch mal „Hola?“. Gerade als ich ihm dann Sonntagmorgen antworten wollte, kam eine passiv aggressive Nachricht, ich solle ihm doch jetzt bitte antworten. Ich hatte keine 36 Stunden Zeit. Red Flag.
Dieses ständige Nicht-Antworten auf Bumble ist wirklich ein Problem – das nervt mich auch. Ich habe aber die Bumble-Benachrichtiungen ausgeschaltet und chille – Gott sei Dank – auch nicht 24/7 auf der Plattform, um Menschen zu antworten.
Das, womit der gute K. dann wirklich alles gekillt hat, war die Aussage: „Wir kennen uns ja noch nicht gut, aber ich könnte mir schon vorstellen, etwas mit dir zu haben.“ – Wow! Vielen Dank! Herzallerliebst. Spannung ist auf jeden Fall da.
„Autsch. Damn. Friendzone nach dem ersten Date hatte ich auch noch nicht.“ – Sein Ego war dann offensichtlich verletzt, als ich meinte, ich würde mich eher nicht nochmal auf einer Date-Ebene mit ihm treffen wollen.
Die Ego-Probleme
So sehr mich K. auch mit seinen Nachrichten genervt hat; irgendwo kann ich ihn auch verstehen. Sein Ego war verletzt. Einige können damit besser umgehen, einige schlechter. Andere – wie ich – versuchen dem schon präventiv aus dem Weg zu gehen: Immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich Männer nach links (also weg) swipe, weil ich denke, die würden mich sowieso nicht swipen, weil sie “besonders gut” aussehen oder ich ihre Interessen nicht teile. Eine Freundin hat mir erzählt, dass sie die schönsten Fotos, die sie von sich hat, nicht auf ihr Profil lädt, weil sie zu große Angst hat, dass die Männer dann beim Date enttäuscht sein könnten. So wirklich gesund ist dieses Verhalten wohl nicht und tut unserem Selbstwertgefühl eher wenig gut.
Highlights gibt’s auch
Ein Highlight gab es allerdings. Das betrifft kein Gespräch oder eine Begegnung, sondern einen Samstagnachmittag, an dem ich bei meiner Familie war. Am meisten Spaß hatten da wohl meine Schwägerinnen:
Wir sitzen wie die Hühner auf der Stange auf dem Sofa und swipen. Am Ende sitzt quasi meine ganze Familie, inklusive Vater, mit einem Glas Sekt im Kreis – immer eine Person mit meinem Handy in der Hand. „Oh! Der trinkt Bier und ist nur zwei Kilometer entfernt. Rechts.“, kommt es von meinem Bruder. Bumble – ein Spaß für die ganze Familie.
Aber das ist vielleicht auch das Problem: Als mein Neffe vorbeikommt und fragt, was mein Bruder da mache, antwortet er: „Ich spiele ein Spiel mit Cilli.“ – Gut erklärt. Die Menschen, die man sieht, sind so weit entfernt und nur eine „Figur“, sodass es wirklich wie ein Spiel wirkt. Das macht das ganze schon irgendwie… mehr als absurd.
Was suchst du da eigentlich?
Immer wieder wird mir diese Frage gestellt, am meisten wohl von mir selbst. Dass man angeben kann, dass man nicht weiß, was man sucht, passt mir gut Ich will keine Beziehung, aber einfach mit irgendwem ins Bett steigen, will ich auch nicht. Eigentlich würde ich auch viel lieber organisch jemanden kennenlernen. Wenn man aber jeden Samstag zu viel Spaß mit den eigenen Mitbewohner:innen und Freund:innen in der heimischen Küche hat, wird das natürlich schwierig. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Eigentlich alle, mit denen ich über Bumble oder Online-Dating allgemein gesprochen habe, sagen ähnliches. Irgendwie macht es Spaß. Irgendwie ist es krasser Abfuck. Irgendwie ist es Beschäftigung. Irgendwie versucht man es immer wieder.
Ich habe jetzt genau zwei Dates gehabt und schon wieder keine Lust mehr auf diesen ganzen Quatsch. In diesem Sinne:
Löschen oder nicht löschen… das ist hier die Frage.

Von Cilli (25): Cilli gibt gerne Blödsinn von sich. Deshalb sind auch hier die ein oder anderen Texte mit ihrer zynischen Ironie gespickt, die uns alle immer wieder zum Lachen und Nachdenken bringt (“war das jetzt ernst gemeint?”). Sie ist außerdem eine wunderbare Zuhörerin, weshalb sie sich regelmäßig in die Lage anderer hineinversetzt und daraus einfühlsame Porträts zaubert.
1 Kommentar