Es frühlingt sehr mittelmäßig

 
Frühling – meine absolute Lieblingsjahreszeit. Der Tag hat mehr Sonnenstunden, langsam werden die Bäume grün, die ersten Blümchen blühen und die Menschen kommen wieder aus ihren Häusern. Sie gehen langsamer, stellen sich mit dem Gesicht zur Sonne, tragen buntere Klamotten. Die Oh-Gott-es-ist-so-kalt-ich-muss-mich-dick-einpacken-und-schnell-laufen-damit-ich-nicht-erfriere-Hetzerei weicht langsam dem ruhigen Bild, wo Menschen ihr Gesicht der Sonne entgegen strecken.


Hallo, der kleine April möchte bitte aus dem Mai abgeholt werden

Die Temperatur steigt langsam an und man kann schon wieder draußen sitzen. Irgendwann wird es dann noch wärmer und wärmer und der Sommer ist da. Dieses Jahr ist das irgendwie anders: kalt, Regen, kurz mal warm, kalt, Regen, irgendwie warm, aber zu windig, um wirklich warm zu sein. Ein klassisches Ich-bin-mit-der-Wahl-meiner-Jacke-mehr-als-überfordert-Wetter. In diesem Frühling hat das Wetter nicht wirklich Lust, sich frühlingshaft zu verhalten. Dank des feuchten Wetters kommen auch unsere Lieblingsflugtiere in diesem Jahr früher zum Einsatz.

Letztes Wochenende komme ich aus dem Urlaub von der französischen Küste mit entspannten 15°C und in Köln sind es auf einmal 26°C. Ich bin überfordert. Erstmal die Sonnencreme auspacken. Am nächsten Tag dann wieder 18°C, schwül und regnerisch. Großartig.

Wenigstens die Optik macht was her: das ganze Grün, die Blüten und Blumen auf den Mittelstreifen der Straßen  – jedenfalls in Städten, wo darauf Wert gelegt wird, dass es Begrünung gibt. Was aber das wichtigste Anzeichen für den Frühling in der Großstadt ist, ist dieses eine Getränk, das schreit „HALLO, DER FRÜHLING IST DA!“ und das ich nicht mag – Aperol Spritz. Hier empfehle ich den neuen von uns auserwählten Trend-Drink: Kir (Johannisbeerlikör mit Prosecco).


Frühlingsgefühle


Und was ist das mit diesen Frühlingsgefühlen? Mehr Sonne, bessere Laune. Immer mehr Menschen sitzen draußen vor den Cafés, Kneipen, Restaurants, auf den Mäuerchen der Stadt. Ich liebe es, die Menschen zu beobachten, wie einfach auch mehr gelacht wird, alle fröhlicher wirken. Überall sehe ich Pärchen, die aus ihren Liebeshöhlen gekrochen kommen und diese in den Park verlegen. 

Menschen liegen sich in den Armen, quatschen, lachen, knutschen, lesen. Sowohl Paare als auch Gruppen aus Freund:innen. Wenn ich diese Gefühle so mitbekomme, überkommt es mich genauso. Liebe liegt in der Luft. Wenn ich in meinem Zimmer sitze und das Fenster öffne, kann ich die Liebe in der Luft sogar hören – weil eben alle ihre Fenster aufmachen, egal was sie gerade so treiben…


Die Frühlingsgefühle scheinen die Lüste anzukurbeln. Die Lust, in den länger werdenden Nächten noch länger draußen zu bleiben, das ein oder andere Getränk mit Freund:innen zu konsumieren. Die Lust auf neue Bekanntschaften, Knutschereien und Sex wird offenbar auch größer. Das scheint sich für Köln auch im Ranking zur international sexpositivsten Stadt widerzuspiegeln. In den Biergärten, Kneipen und auf Straßenfesten sehe ich die sich extra aufgehübschten Menschen flirten, was das Zeug hält. Ein Schauspiel für die Götter.

Alles wirkt irgendwie leichter. Auch ich nehme Situationen gelassener. Beim Angrillen haben wir die Regenpause für einen Under-roof-Rave genutzt, standen mit zwölf Personen unter einem Mini-Vordach und haben dicht gedrängt getanzt. Die Glücksgefühle, die dieser Tag hervorgebracht hat, haben für eine ganze Woche mit extrem wechselhaftem Wetter gereicht.


Im Winter brauchen wir es kuschelig

Um 21 Uhr mit meiner Mitbewohnerin im Mai noch einen Spaziergang starten? Definitiv! Es ist schließlich noch hell. Im Winter um 19 Uhr mein Bett oder sogar die Wohnung noch mal verlassen? AUF GAR KEINEN FALL! Es ist schließlich schon dunkel. 


Außerdem sehe ich jetzt überall frisch gebackene Eltern. Im April und Mai gibt es überaus viele Schwangere und auch Eltern mit frisch geschlüpften Babys. Die kleinen Wesen in den Tragedingsis vor dem Bauch. Da merkt man – der Frühling ist da! Betrachtet man die Statistik für Neugeborene in Deutschland, fällt auf, dass es im Mai ein Hoch gibt – den stärksten Zuwachs gab’s allerdings 2022 im August. In den Wintermonaten brauchen die Menschen es eben kuschelig – und verlassen das Bett nach 19 Uhr nicht mehr. Die neuen Bekanntschaften und jungen Beziehungen, die im Frühjahr überall öffentlich zu sehen sind, achten dann scheinbar mehr auf Verhütung, denn die Geburtenrate im Februar ist eher mau. Schön, dass ich ein Februar-Kind bin, vielleicht liebe ich den Frühling deshalb so.


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Von Cilli (26): Cilli gibt gerne Blödsinn von sich. Deshalb sind auch hier die ein oder anderen Texte mit ihrer zynischen Ironie gespickt, die uns alle immer wieder zum Lachen und Nachdenken bringt (“war das jetzt ernst gemeint?”). Sie ist außerdem eine wunderbare Zuhörerin, weshalb sie sich regelmäßig in die Lage anderer hineinversetzt und daraus einfühlsame Porträts zaubert.

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